Anbei eine erste arbeitsrechtliche Bewertung, wenn Mitarbeiter aus Apotheke in Quarantäne geschickt werden.
Wichtig ist auf der Hinweis, dass selbst verständlich es jedem Arbeitgeber freisteht, hier abweichende Regelungen zugunsten seiner Mitarbeiter zu vereinbaren, nicht zuletzt um das Personal insoweit nicht weiter zu verunsichern.
Wenn die zuständigen Behörden Betriebe und Unternehmen, in denen Coronavirus-Infektionen auftreten, zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus schließen und Arbeitnehmer, die potentielle Träger des Virus sind unter Quarantäne stellen, kann derjenige, der einen Verdienstausfall erleidet über die Regelungen des Infektionsschutzgesetz ggf. eine Entschädigung gegenüber seinem Arbeitgeber geltend machen (§ 56 IfSG). Diese bemisst sich nach dem Verdienstausfall, den der Arbeitnehmer erleidet. Als Verdienstausfall gilt das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechenden Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang zusteht (sog. Netto-Arbeitsentgelt). Nach sechs Wochen (dieser Fall dürfte aufgrund der regelmäßigen Karrenteile von zwei Wochen kaum eine Rolle spielen) wird die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes weitergezahlt. Der Arbeitgeber hat die Entschädigung für die ersten sechs Wochen zu tragen und kann seinerseits eine Erstattung bei der zuständigen Behörde beantragen. Wer zuständige Behörde ist richtet sich nach den Regelungen des jeweiligen Bundeslandes.
Dies gilt auch für Selbstständige denen Entschädigung vom Staat gezahlt wird, § 56 III IfSG. Somit erhält auch der Inhaber der Apotheke eine Entschädigung.
Den Arbeitgeber trifft gegenüber der Belegschaft die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber ist dazu angehalten, die ihm zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um seine Belegschaft zu schützen. Der Arbeitgeber hat die vom Einzelfall abhängigen Vorkehrungs- und Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Hierzu gehören Aufklärungsmaßnahmen sowie die Zurverfügungstellung des erforderlichen Hygieneschutzes, wie etwa Händedesinfektionsmittel o.Ä.
Der Arbeitnehmer seinerseits darf nicht, nur, weil er Bedenken hat, zuhause bleiben und seine Tätigkeit eigenmächtig in das Homeoffice verlegen. Ein Anspruch auf Arbeitserbringung im Homeoffice besteht nicht. Er bleibt so lange, wie er nicht Gefahr läuft, seine Gesundheit zu beeinträchtigen zur Arbeitsleistung verpflichtet. Der Arbeitnehmer kann allenfalls dann ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen, wenn der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt. Gerade beim Betrieb einer Apotheke wird man jedoch nicht annehmen können, dass bereits die Möglichkeit, insoweit mit infizierten Personen in Kontakt zu kommen, ein solches Leistungsverweigerungsrecht begründet.
Umgekehrt kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht zwingen im Homeoffice zu arbeiten, wenn es nicht bereits eine entsprechende vertragliche Absprache zwischen den Parteien gibt. Freilich kann und soll der Arbeitgeber im Bedarfsfall darauf hinwirken, dass seine Arbeitnehmer, wenn aufgrund der zu erbringenden Arbeitsleistung möglich, im Homeoffice bleiben. Besteht die Möglichkeit, trotz Verdacht von Zuhause auszuarbeiten, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. In diesen Fällen kann dann aber keine Entschädigung für den Lohnausfall durch den Arbeitgeber geltend gemacht werden. Dies dürfte jedoch in der Praxis aufgrund der Pflicht zur Erbringung der Leistungen innerhalb der Betriebsräume kaum eine Rolle spielen.
Ferner kann den Arbeitgeber gegebenenfalls die Pflicht treffen, sofern ein konkreter Coronavirus-Verdachtsfall besteht – außerhalb einer behördlichen Anordnung, den betroffenen Mitarbeiter freizustellen. Erforderlich ist hierfür jedoch ein gewisser Verdachtsgrad. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall dann auch nicht zwingend verpflichtet, den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen. Maßgebend ist hierbei die im Einzelfall geltende arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Regelung. Bedingt diese den Vergütungsanspruch für den Fall der vorübergehenden Verhinderung zur Erbringung der Arbeitspflicht ab, steht dem Arbeitnehmer für den Zeitraum der Freistellung auch kein Lohn zu. Etwas anderes gilt im Einzelfall jedoch eventuell dann, wenn der Arbeitgeber prophylaktisch alle Arbeitnehmer eines Betriebs(-teils) freistellt, die fehlende Möglichkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung ohne konkretes Verdachtsmoment also allein durch den Arbeitgeber veranlasst ist. In diesen Fällen behalten die betroffenen Arbeitnehmer grundsätzlich auch ihren Lohnanspruch.
Bleibt der Arbeitnehmer der Arbeit fern, weil Kindertagesstätte, Kindergarten oder Schule schließt und er daher die Betreuung für sein Kind während der Arbeitszeit übernehmen muss, steht ihm hingegen grundsätzlich kein Lohn zu. Der Arbeitnehmer hat auch in diesem Fall grundsätzlich die Pflicht, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Kann er dies aus persönlichen organisatorischen Gründen nicht tun, verliert er grundsätzlich seinen Anspruch auf Vergütung.
Auch wenn Urlaub im Moment fern liegt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer seinen Resturlaub aus dem Vorjahr verschieben kann. Dies ist grundsätzlich nicht möglich, wenn vertraglich vereinbart ist, den Resturlaub bis Ende März des Folgejahres zu nehmen. Gleiches gilt, wenn keine vertragliche Regelung hierzu besteht.
Gerne stehen wir und meine Kollegen aus dem Arbeitsrecht für Rückfragen zur Verfügung.
Beste Grüße
Dr. Morton Douglas
Rechtsanwalt
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