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Einschätzung von Dr. Morton Douglas zur Eigenbeteiligung

In den vergangenen Tagen haben wir zahlreiche Nachfragen zur Eigenbeteiligung bei der Maskenabgabe erhalten. Wir haben dazu Herrn Dr. Douglas um Einschätzung gebeten.

Nachfolgend dazu die ausführliche Stellungnahme von Herrn Dr. Douglas zum Thema Maskenabgabe und Umgang mit der Eigenbeteiligung in Höhe von 2 Euro.

Sicherlich werden auch hier die unterschiedlichen Sprachregelungen/Vorgehensweisen je nach Bundesland entscheidend sein. Im vorliegenden Fall ging es um ein Schreiben der Landesbehörde aus Hessen.

„… Zu trennen ist die Frage, ob es erforderlich ist, den Eigenanteil gem. § 6 der SchutzmV tatsächlich einzuziehen und wie umgekehrt damit umzugehen ist, ob diese Eigenanteile tatsächlich anzugeben sind oder nicht.

Ausweislich des Textes wird in § 6 der SchutzmV ausgeführt, die anspruchsberechtigte Person habe eine Eigenbeteiligung in Höhe von 2,- EUR zu leisten und die Eigenbeteiligung verbleibe in der Apotheke und werde dort auf den Erstattungsbetrag angerechnet. Sowohl aufgrund des Wortlautes, wonach es sich um eine Eigenbeteiligung handelt als auch der Hinweis, dass dieser von der Apotheke verrechnet wird, spricht zunächst nichts dafür, dass es sich um eine verpflichtende Leistung handelt. Vielmehr greifen nach unserem Verständnis insoweit die Grundsätze, die der BGH bereits 2016 in anderem Zusammenhang aufgestellt hat. Der BGH hat in einer Entscheidung vom1. Dezember2016 (I ZR 143/15) entschieden, dass die Regelung zur gesetzlichen Zuzahlung bei Hilfsmitteln gem. §§ 33 Abs. 8, 61 SGB V keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3 a UWG darstellen mit der Folge, dass hier keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche bestehen. Ferner hat der BGH entschieden, dass bei der Abgabe von Hilfsmitteln die Leistungserbringer nach § 33 Abs. 8 SGB V nicht verpflichtet sind, Zuzahlungen der Versicherten einzuziehen.

Tatsächlich weist § 7 Abs. 2 der SchutzmV allerdings darauf hin, dass die Apotheke bei der Abrechnung nicht nur die abgegebenen Schutzmasken auflisten muss, sondern auch die eingenommenen Eigenbeteiligungen. Einen Grund dafür, warum auch die eingenommenen Eigenbeteiligungen in § 7 Abs. 2 aufzulisten sind, findet sich in der Begründung nicht. Insoweit wird dort lediglich ausgeführt, dass für den Nachweis einer konkreten Abrechnung erforderlichen rechnungsbegründenden Unterlagen von den Apotheken bis zum 31. Dezember 2024 unverändert zu speichern oder aufzubewahren sind.

„Davon umfasst sind auch die Bescheinigungen nach § 3 Abs. 1, gegen deren Vorlage eine Abgabe von Schutzmasken erfolgt und die die Voraussetzung für die Abrechnung der Schutzmasken durch die Apotheke nach § 7 sind. Durch die Speicherung oder Aufbewahrung wird es ermöglicht zu überprüfen, ob die Anforderungen von Finanzmitteln für die Abrechnung der Schutzmasken den rechtlichen Vorgaben entsprach und ob eine rechtmäßige Verwendung der aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds vorfinanzierten und vom Bund erstatteten Mitteln erfolgt ist.“

Auch wenn daher in § 7 Abs. 2 SchutzmV die Höhe der Eigenbeteiligungen genannt wird, wird der Nennung der Eigenbeteiligung kein weiterer Zweck in der Verordnung zugewiesen. Allein die Gutscheine sind insoweit zu dokumentieren, zumindest ausweislich der Begründung, aber nicht die Erhebung der Eigenbeteiligung.

Die Regelung soll sicherstellen, dass niemand Masken entgegennimmt und damit finanzielle Verpflichtungen auslöst, auf die kein Anspruch besteht, etwa weil die Voraussetzungen für die kostenlose Abgabe der Schutzmasken nicht vorlag. Dies soll die Haushaltsmittel schonen. Für die Frage der Berechtigung oder Nichtberechtigung der Entgegennahme der Schutzmasken ist jedoch irrelevant, ob der Eigenanteil erhoben wurde oder nicht.

Auch in der Begründung zu § 6 der SchutzmV heißt es lediglich:

„Die Eigenbeteiligung soll zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen. Die Eigenbeteiligung stellt keine Zuzahlung im Sinne des § 61 SGB V dar und ist auf die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V nicht anzurechnen. Die Eigenbeteiligung ist von den Anspruchsberechtigten in der Apotheke zu leisten und verbleibt in der Apotheke. Auf den Erstattungsbetrag ist die von der Apotheke einzuziehende Eigenbeteiligung anzurechnen. Der Abrechnungsbetrag der Apotheke mindert sich entsprechend.“

Zwar könnte argumentiert werden, dass das gesetzgeberische Lenkungsziel der verantwortungsvollen Inanspruchnahme konterkariert wird, wenn entsprechende Eigenbeteiligungen nicht eingezogen werden. Allerdings hat dies zumindest den BGH bei den parallelen Zuzahlungen bei Hilfsmitteln nicht davon abgehalten, deren Verzicht für rechtmäßig zu erachten. Auch hier ist Sinn und Zweck einerseits die Kostenträger zu entlasten, andererseits den Empfänger zu einem entsprechend sorgsamen Umgang anzuhalten.

Ungeachtet dessen bleibt folgende Überlegung: Würde man die Eigenanteile einziehen und zugleich den gleichen Betrag oder sogar einen höheren Betrag als Gutschein auskehren, wäre dies ohne weiteres zulässig. Warum dann der Verzicht auf den Eigenanteil problematisch sein soll, erschließt sich uns nicht.

Im Ergebnis können wir natürlich nicht ausschließen, dass die Behörde letztendlich argumentiert, dass ohne eingezogene Zuzahlung es sich nicht um eine ordnungsgemäße Belieferung gehandelt hat. Allerdings sprechen weder Sinn und Zweck der Regelung noch die Ausführungen des BGH noch die Tatsache, dass grundsätzlich es ohne weiteres möglich ist auch Vergünstigungen, die einen größeren Wert als EUR 2,- haben, als Zugabe zu geben, dafür, dass wir hier tatsächlich dieses Risiko nicht sehen.

Ich hoffe, dass diese Ausführungen weiterhelfen: Wenn jemand 100%ige Sicherheit möchte, muss er die Eigenbeteiligung erheben und dann mit Zugaben, sei es in Form von Gutscheinen oder zusätzlichen Masken, arbeiten. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass bei einem Verzicht auf die Eigenbeteiligung tatsächlich ein Risiko besteht.

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